14.05.2014 Von Tünceli nach Van

14.05.2014

Von Tünceli nach Van / Vann-See – Attacke

Der Wecker kündigt den neuen Tag bereits um 6.oo Uhr an. Aufstehen!!!

Wir wollen zeitig die letzten 480 km zum Van-See in Angriff nehmen. Unsere Gastfamilie lädt uns noch zum Kaffee ein. Dann beginnt eine längere Verabschiedungs-Zeremonie, von wirklich lieben Menschen, die an nur einem Abend uns wichtig geworden sind. Wir revanchieren uns für die Gastfreundschaft mit einigen Give-aways und einem Blutdruckmessgerät. Layla, die Gastgeberin ist Lehrerin in einer Schule für Behinderte. Wir würden auch sehr gerne einen der Rollstühle, die uns das Sanitätshaus Wittich gespendet hat übergeben, aber das ist leider nicht möglich, denn dann würde unsere Dachkonstruktion nicht mehr halten. Diese ist die letzten 5000km aufs äußerste strapaziert worden und hat tapfer durchgehalten. Würden wir einen der Rollstühle nun rausnehmen, ist die Stabilität hin. Wirklich schade.

Nach einer kleinen Runde Altstadt-Tetris (siehe Bericht 13.05.2014) machen wir uns auf den Weg. Wieder herrscht auf den Straßen eine extrem hohe Militär-Präsenz. Als wir es wagen einen Panzerwagen zu überholen, setzt dieser wiederum selbst zum Überholen an. Während des Überholvorgangs dreht der Panzer seine MG-Vorrichtung auf unseren Hui und filmt diesen – kein wirklich angenehmes Gefühl, denn neben der Kamera ist nunmal jetzt auch das MG auf uns gerichtet…. Aber einen Frischling erschreckt nix und so geht es weiter Richtung Van-See. Gut ausgebaute Straßen erlauben nun hohe Reisegeschwindigkeiten. Wir kommen gut voran. Frühstücken wollen wir nach 1 oder 2 Stunden Fahrt. Es bleibt bei diesem frommen Wunsch – dazu später mehr…

In der Stadt Mus gibt unser Pharma-Frischling Markus das Kommando „rechts raus!“. Wir fragen uns, was er vorhat, denn wir halten vor einer Fensterbau-Firma – naja, eher ein Verschlag. Er reißt den Kofferraum auf und flitzt mit seinem Feldbett (ja, er zählt im Team auch zu den Feldbetten-Pussies) in den Laden. Nicht au den Kopf gefallen! Wer Alu-Fenster bauen kann, kann auch Alu-Feldbetten flicken. Markus G‘s Feldbett hat der durch Bruno durchgeführten belastungs-Probe in Istanbul nicht standgehalten – kein Wunder, denn die maximale Belastung beträgt „nur“ 120Kg.

Unser Schreiner-Frischling Markus W nutzt die Gelegenheit und besucht eine hiesige Schreinerei. Nach kurzer Inspektion und anschließenden zähen Verhandlungen scheitern die Übernahmegespräche schlussendlich dann doch.

Nach weiteren 3 Stunden Fahrt erreichen wie den Van-See. Uns eröffnen sich wieder traumhafte Panoramen. Der Van-See ist in etwa so groß wie unser Bodensee, liegt aber auf 1500m Höhe und ist extrem Sole haltig. Die Region ist in Deutschland vor allem dadurch bekannt, da es hier vor einigen Jahren zu einem verheerenden Erdbeben kam. Die Spuren sind noch heute allgegenwärtig. Zwischen intakten Häusern sieht man immer wieder freie Flächen auf denen vormals Häuser standen. Ein etwas beklemmendes Gefühlt übermannt uns. Bereits gegen 15.00 Uhr erreichen wir das AOR-Camp und zählen dieses mal zu den ersten – in den vergangenen Tagen war das nicht immer der Fall, denn wir haben uns oftmals Zeit für die Menschen, die AOR-Aufgaben oder für Foto-Stopps genommen.

Nun hat Stefan endlich Zeit, die Autos noch einmal auf Vordermann zu bringen. Beim „Hui“ ist die Spur derart verstellt, dass sich die Reifen im Zeitraffer verschleißen. Auf der Innenseite zeigt sich bereits der Draht… Also Reifen ab, Karre aufbocken und ran an die Materie. Stefan ist bei uns bekannt als jemand, der alles bis auf einen Millimeter genau macht und nichts dem Zufall überlasst. Aber nun wird auch mal AOR-like gearbeitet: 2 oder 3 Umdrehungen nach links sollte schon passen J

Wir registrieren ein flaues Gefühl in der Magengegend – ach ja, da war doch was: wollten wir nicht bereits vor 8 Stunden frühstücken? Ok, das müssen wir nachholen und so gibt es ein zünftiges Männerfrühstück: gerillte Rindersteaks, Köfte und eine von unserem Chefkoch Markus G. zubereitete Joghurt-Creme. Einfach lecker.

Da unser Grill auf der Tour bereits Gewicht abgeworfen hat – ein Standbein fehlt… – schnitzt Markus W. geradewegs ein neues Design-Standbein.

Abends findet die Übergabe der in Oberstaufen erhaltenen Schulranzen statt. Wenig feierlich. Da das hat einen Grund: durch das schwere Grubenunglück in der Türkei werden keine feierlichen Veranstaltungen abgehalten. Auf diese Weise erfahren wir auch den Grund, warum entlang der Strecke heute alle Flaggen auf Halbmast hingen.

Das Wetter verwöhnt uns mal wieder nicht wirklich. Es ist recht kühl und sehr windig. Der Wind begleitet uns bereits seit Hachenburg. Als es dann auch noch zu hageln anfängt sinkt die Stimmung kurzfristig. Aber was soll´s – wir haben uns schließlich nicht für einen All-Inclusive-Urlaub in der Karibik entschieden. Jens nutzt die Schauer-Pause, um mit einem Team-Mitglied der Chasing-Orient-Hills seinen Technik-Kram zu optimieren. Die Chasing-Jungs – allesamt Tekkis – haben einen eigenen access-point dabei und erlauben es uns, dass wir uns hier rein hacken. Danke Chasings!!!

Als der Hagel aufhört läuten wir noch eine lustige Dosenbier-Runde ein, tauschen Geschichten mit anderen Teams aus und beschließen, morgen eine Doppeletappe hinzulegen und bis ans Mittelmeer zu fahren. Das würde etwa 900km Landstrasse an nur einem Tag bedeuten. Aber die Aussicht auf besseres Wetter und einen Ruhetag motiviert uns, diese Strapaze auf uns zu nehmen.

Bereits gegen 22.30 Uhr heißt es dann mal wieder „Nacht, John-Boy!“.

Zumindest für 5 Frischlinge. Denn unserem Pharma-Frischling steht noch eine besondere Überraschung bevor: mitten in der Nacht kapituliert sein Pussie-Feldbett endgültig und bricht zusammen. Er improvisiert mit Wasserkanister und anderen Unrat, bis eine halbwegs akzeptable Schlafposition gefunden hat.