Tag 20: Kapishya – Tunduma

Nach dem Packen der Fahrzeuge starteten wir um 8:45 wieder die Motoren. Auf der buckeligen Lehmpiste überholte den WÄLLER ein suizidgefährdeter Motorradfahrer. In der Kurve verabschiedete er sich mit Karacho in den Graben. Wir hielten an: Daumen hoch – nichts Schlimmeres passiert. Gemeinsam halfen wir ihm sein etwas demoliertes Motorrad wieder auf die Piste zu stellen und weiter gings.

Nach einigen Kilometern erreichten wir das Anwesen des ehemaligen Gouverneurs von Australien und Tasmanien, John Core Brown. Der Besitzer der Campsite auf der wir genächtigt hatten, Mark Harvey, ist ein Urenkel von John Core Brown. Das prachtvolle Herrenhaus wurde 1928 gebaut mit weiterer Ausbaustufe 1932 – über 1.000 Arbeiter waren im Einsatz. Eine prächtige Allee führt vom Eingangstorgebäude auf die leichte Anhöhe. Ein wunderschöner Park umgibt das Anwesen. Alles war im englischen Stil gestaltet und vieles auch tatsächlich Made in UK.

Die komplette Einrichtung vom Löffel bis zum Bett, über Bilder und Schränke wurde seinerzeit durch die Sümpfe mitten in den Busch gebracht – teils mit Unterstützung von Dampfmaschinen. John Core Brown setzte später einen der führenden Sprecher der Afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung für die Unabhängigkeit Sambias, dem ehemaligen Nordrhodesien, von der Britischen Krone ein. 1964, 3 Jahre vor seinem Tod, erlangte Sambia dann auch tatsächlich die Souveränität. die Unabhängigkeit. 1978 wurde Sambia von Zimbabwe, dem ehemaligen Süd-Rhodesien angegriffen und die Infrastruktur weitestgehend zerstört. In der dadurch ausgelösten Hungersnot brachte die UN 300.000ton Lebensmittel ins Land. Heute liegt die Lebenserwartung bei Mitte Fünfzig.

Nach der Besichtigung ging es wieder auf die Lehmpiste mit einem wunderbaren Blick auf den Lake Ifhiba Mg`Andu. Nach ca. 35km fuhren wir auf die Great Northern Road auf – Richtung Tansania. Eigentlich ist dies eine der Hauptverkehrsadern von Sambia, aber die Straßenverhältnisse wechselten immer wieder von perfekter Asphaltstraße, Sand- und Lehmpiste sowie Abschnitten mit tiefen Schlaglöchern. In Isoka gab es neben dem üblichen Polizei-Checkpoint auch eine Kontrolle der Reispässe durch einen Immigration-Checkpoint. 500m weiter gab es auch noch einen Militär-Checkpoint. Die Dichte des entgegenkommenden Frachtverkehrs aus Tansania stieg stetig an, aber auch die Anzahl der verunfallten LKWs.

Die Bergung eines umgekippten Container-Aufliegers sah dabei besonders spannend aus: schwere Kettenzüge mit großen Baumstämmen stabilisiert sollten helfen, das Gefährt wieder auf die Straße zu stellen. 10km vor der Grenze begannen sich bereits die LKWs aufzustauen. Wir bogen ab in ein Dorf, um eine Unterkunft zu finden, aber alles, was irgendwie noch brauchbar aussah, war belegt. Nach kurzer Abstimmung entschieden wir uns, heute noch den Grenzübertritt zu probieren. Wir kämpften uns über die Sandpiste durch die mehrspurigen LKW-Schlangen und das totale Verkehrschaos bis zur Grenze vor. Gegen 16:30 erreichten wir diese endlich. Im ersten Gebäude versuchten wir herauszufinden, wie die Abläufe sind, aber keine Chance. Eine Gruppe Männer belagerte unsere Fahrzeug-Kolonne und bot an, uns gegen einen kleinen Obulus durch die Formalitäten zu bringen.

Nixon, der Anführer, nahm im WÄLLER Platz, gab die Richtung vor und wir kämpften wir uns gezielt weiter durch das Verkehrschaos zum nächsten Zollgebäude. Die Dunkelheit brach herein. Im Gebäude hieß es zunächst an der Immigration den Ausreisestempel von Sambia holen, dann Zettel für Tansania ausfüllen, Fingerabdrücke abgeben, Visum kaufen und dann ging es weiter zum Zoll für die Fahrzeuge. Papierberge türmten sich dort, viele Agenten wuselten zwischen den Schreibtischen der Beamten herum, bei der Road Authority musste die Road Tax bezahlt werden.

Pharma nutzte die Wartezeit und organisierte über den Visumsbeamten 3 Doppelzimmer in einem lokalen Hotel auf tansanischer Seite. Nixon verschwand, kam mehrmals wieder und holte von uns abwechselnd mal den Internationalen Zulassungsschein, mal die die Carnet de Passage, dann wieder die Pässe der Fahrzeughalter, dann wieder andersherum, dann telefonierte er, dann überwies er online eine Zollgebühr, dann dies dann jenes – keiner von uns blickte hier durch, Nixon vermutlich selbst auch manchmal nicht.

Es gab mehrmals Stromausfall und alle standen im Dunkeln. Irgendwann hatte er aber die Carnets mit Einreisestempel Tansania in der Hand. Mit drei Zollbeamten ging es zu den Fahrzeugen: Kontrolle der Fahrgestellnummer und Durchsicht der Autos. Beim ALLEMOL ging wieder die Heckklappe nicht auf, aber am Ende waren alle am lachen und signierten die Motorhauben. Fehlte nur noch der Ausreisestempel der Fahrzeuge für Sambia. Nixon ging vor den Fahrzeugen durch das Verkehrschaos voran an einen weiteren Checkpoint. Viele Aktenordner mit Papieren türmten sich im Dreck vor dem Häuschen auf. Nach verschiedenen Gesprächen, hieß es wieder: Hauben auf und ein Beamter kontrollierte die Fahrgestellnummern.

Der Strom fiel wieder mal aus, aber die Beamten hatten Taschenlampen. Dann gab es die ersehnten Stempel ins Carnet und wir konnten gegen 19:00 sambesischer Zeit/ 20:00 tansanischer Zeit durch das Gate nach Tansania einfahren. Eigentlich hatten wir erwartet, dass Tansania weiterentwickelt ist als Sambia, aber das Bild von Tunduma war ein absolut anderes. Durch das nächtliche Chaos arbeiten wir uns durch bis zur Olimpia Lodge. Die Rezeptionistin Neei zeigte uns die drei Zimmer: afrikanisch einfach, aber Bett, Stehklo und Waschbecken vorhanden und stabile Gitter vor den Fenstern. Da wir uns wegen den Kleidern in den Zimmern wunderten, merkte Sie, dass sie uns drei falsche Zimmer geben wollte. Also neue Schlüssel holen.

Wir fragten im „Restaurant“ nach einem Abendessen. Nach längerem Hin und Her – Englisch spricht hier eigentlich nur der Manager – gab es für einen Teil des Teams Hühnchen und für den anderen Teil Rindfleisch mit Kartoffelsticks und Gemüse. Vor dem Essen kam zwei Mädchen mit Waschschüssel und Wasserkanne, damit wir die Hände waschen konnten. Auf mehrmaliges Nachfragen bekamen wir dann aber auch Gabeln. An dem Hühnchen war nichts dran außer Haut und Knochen, das Rindfleisch so zäh wie ein tagelanger Marsch durch den Busch. Dafür war das Bier kalt.

Nach weiteren Verhandlungen durften wir auch die Fahrzeuge vom Straßenparkplatz in den umzäunten Bereich fahren. Ein kräftiger Massai bewachte das Eingangstor. Dann ging es in die 12m² Suiten mit kuscheligem King-Size-Bed, aber in eigenen Schlafsäcken. Die Abendtoilette fiel aus, da nur trübe Brühe aus dem Wasserhahn kam.