Tag 26: Einweihung Erweiterung Gakoma Health Centre

Um kurz vor 09:00 trafen wir uns mit Elias in Butare. Elias ist Angestellter des Verbindungsbüros des Landes Rheinland-Pfalz in Kigali und hatte das Baumanagement für unseren Erweiterungsbau in Gakoma übernommen. Dann fuhren wir im Konvoi los. Nach 14 km Asphalt ging es raus aus der Komfortzone auf die buckelige Lehmpiste, die uns 23km landeinwärts führte.

HUI, WÄLLER und ALLEMOL meisterten mit ihrer ausgiebigen Offroad-Erfahrung die anspruchsvolle Strecke bergauf und bergab durch die Hügellandschaft Ruandas. Tiefe Erosionsrinnen machten die Piste teilweise nahezu unbefahrbar. Nach dem sichtbar guten Lebensstandard entlang der Hautstraßen von der Grenze über Kigali nach Butare änderte sich das Bild hier abrupt. Besonders auffällig: Vorher moderne Blitzergeräte, alle paar Kilometer 2 Polizisten, einer immer mit Kalaschnikow bewaffnet, viele Straßenlaternen – abseits der asphaltierten Main Road: nichts – einfach verloren und vergessen … Hier sind die Behausungen ärmlich – wenige aus Ziegelstein, meist Lehmhütten, harte Feldarbeit von Männern und Frauen an Steilhängen, schmutzige Kinder, aber immer wieder fröhlich winkend als der Konvoi mit seiner Staubwolke über die Piste zog.

Nach 1 Stunde Fahrzeit erreichten wir das Gakoma Health Centre. Empfangen wurden wir von den beiden Schwestern Verediane und Mukashyirambere. Die vielen Patienten schauten verunsichert auf die frischlingsgrüne Gruppe. Die Schwestern des Ordens „Töchter der Heiligen Jungfrau Maria“ betreiben das Health Centre.

Nach einem kurzen Vorstellungsgespräch gingen wir gemeinsam zum Erweiterungsbau zur Unterbringung der Patienten über Nacht. Die Schwestern hatten ein breites Geschenkband an dem Durchgang befestigt. Dies wurde gemeinsam durchgeschnitten. Dann ging es daran, unser Schild (Danke Hüschi und seinem Team!) zu befestigen. Hier waren wieder die technisch versierten Frischlinge gefragt. Mit mitgebrachtem Montagekleber und Edelstahlschrauben konnten wir das Schild ordentlich befestigen.

Das Gebäude ist einfach TOP geworden. Die Schwestern führten uns durch die Räumlichkeiten: 1 Zimmer für 6-7 männliche Patienten, 1 Zimmer für 6-7 weibliche Patientinnen und zwei Zimmer für Kinder – komplett ausgestattet mit Betten. Daneben noch ein Raum für die Nachtschwester sowie einen Technikerraum. Auch die sanitären Anlagen schauen wir uns an: 2 Duschen und 2 Stehklos. Dusche ist etwas übertrieben: Man muss sich an der außerhalb an der Wand angebrachten Zapfstelle den Eimer befüllen und kann sich dann das Wasser übergießen.

Dann passierte es: Unser Sessenhäuser Dickschädel Bernd schlitzte sich den Kopf an einem Wellblechdach auf: Blut strömte. Wir versorgten aus eigenen Mitteln die Wunde mit NaCl-Spülung, Kompresse und Kopfverband. Bernd konnte dann gleich eines der Patientenbetten testen, da ihm etwas schwummrig wurde.

Der Rest des Teams bekam eine ausführliche Führung durch das Health Centre. Das Gesundheitszentrum betreut 45.000 Menschen im Mamba – 180 bis 210 Personen werden am Tag behandelt. Insgesamt sind 7 Schwestern und 2 Hebammen, 1 Ernährungsspezialist, 1 „Facility Manager“ sowie verschiedene Administrativkräfte für das Centre tätig. Im Anmeldezimmer müssen sich die Patienten registrieren. Es gibt eine Art Basis-Krankenversicherung in Ruanda, weitere Behandlungen müssen bezahlt werden.

Im Kreißsaal kommen ca. 40-50 Kinder pro Monat zur Welt. Für die Wöchnerinnen gibt es ein 7 Bettzimmer. Auch ein Beratungszimmer für jugendliche Schwangere ist vorhanden – die Anzahl von Vergewaltigungsopfern ist minimal. Hierfür gibt es auch ein Meldesystem bei Verdacht über das Ruanda Investigation Bureau. In der Apotheke werden alle möglichen Medikamente an die Patienten verteilt.

Die typischen Krankheiten zur Behandlung hier im Centre sind Atemwegserkrankungen von der Erkältung bis zur Lungenentzündung. Daneben werden Malaria, HIV, Tuberkulose, Parasitenbefall, Arthritis, einfache Brüche und Wunden aber auch durch Sexualverkehr übertragene Krankheiten wie Syphilis behandelt. Neben der Impfstation, gibt es einen Vorratsraum mit durch Batterie abgesicherten Kühltruhen. Neben diversen Vakzinen sahen wir auch Medikamente wie Oxycodon (Opiat). In dem einfachen Labor können an Ort und Stelle diverse Blutuntersuchungen durchgeführt inklusive HIV-Tests. Im Büro zur Datenerfassung sahen wir auch Ordner mit der Aufschrift HIV stehen.

Nach dem Rundgang saßen wir im Büro der Schwestern zusammen. Es gab einen kleinen Imbiss. Spieße mit Rindfleisch- und Leberstückchen sowie Kartoffeln. Wir unterhielten uns noch sehr lange über die tägliche Arbeit im Health Centre und die besonderen Herausforderungen.

Dann wollten uns die Schwestern gerne ein Dankesgeschenk übergeben. Dazu hielten sie eine sehr berührende Ansprache mit bewegender Demut: „We are very very grateful for the building you provided to help the people and that you take the initiative to work so hard for this project to be happening. God bless your generous hearts, God bless your lifes, Gods shall provide a further save journey to you. We will pray for you and will include you in all our prayers!“

Diesen Segen und den Einschluss in die Gebete geben wir gerne an Euch, liebe Unterstützer, weiter. Nur durch Eure großzügige Unterstützung konnte dieses Projekt realisiert werden. Wir sagen an dieser Stelle einfach Danke, Danke, Danke!

Auch wenn es entlang der Hauptstraßen sehr gute Entwicklungen gibt – 20km abseits, wie hier in Gakoma, ist die Armut und das Elend groß… In einer kleinen Ansprache bedankten auch wir uns bei den Schwestern für ihren hoch engagierten Einsatz sowie ihre sehr wichtige und wertvolle Arbeit. Gemeinsam gingen wir mit ihnen zu den Autos. Unser eigener Patient war nach einem kurzen Schläfchen ebenfalls wieder auf den Beinen. An den Fahrzeugen konnten wir noch einiges an Medikamenten, Verbandsmaterial, Tassen, Feldbetten und 2 Camping-Stühle übergeben. Die Schwestern freuten sich sehr über diese weitere Unterstützung. Mit großem Winken der anwesenden Dorfbevölkerung verabschiedeten wir uns und befuhren wieder die anspruchsvolle Offroadpiste.

An der Auffahrt zur Asphaltstraße in Sava verabschiedeten wir uns von Elias, der weiter nach Kigali fuhr. Am Parkplatz unserer Unterkunft zeigte sich wieder mal die totale Überbeanspruchung des Quadratus Lumborum nach knapp 7.000km Gesamtfahrkilometer im südlichen Afrika als wir aus den Fahrzeugen stiegen. Den schwungvollen Gang müssen wir irgendwann auf den letzten 1.000 Kilometern verloren haben. Gemeinsam saßen wir noch lange zusammen, um über die Eindrücke und Emotionen des heutigen Tages zu sprechen – insbesondere auch über die krassen Gegensätze entlang der Asphaltstraße und die ärmlichen Lebensbedingungen abseits davon. Starkregen setzte bei den Gesprächen ein, Blitze zuckten am Himmel, der Donner grollte. Der Strom fiel immer wieder aus.

Hoffentlich hört der Regen in der Nacht auf, sonst ist unsere morgige Streckenführung entlang der Grenze Burundis bis zur Grenze zu Tansania nicht bezwingbar…