Tag 28: Biharamulo – Singida

Heute Morgen ging es um 6:00 Ortszeit (5:00 Ruandazeit) aus den Federn. Die Betten waren nicht ganz Kingsize, eher Princesssize, aber einfach wesentlich günstiger als Einzelzimmer. Zum Frühstück gab es gebratenes Ei – vermutlich das letzte Ei der Hühner vom Vorabend – und dazu Instant-Kaffee. Wir füllten das Frühstücksbüfett mit unserem Brot und Marmelade etwas auf.

Nachdem das Finanzielle geregelt war, machten wir mit Loyce, der Hotelmanagerin, noch ein Gruppenfoto. Sie mochte unsere Team-Shirts und machte wirklich eine tolle Figur darin. 27 Jahre alt, verheiratet, ein zweijähriger Sohn namens Travis – es sind insbesondere die jungen, englischsprachigen Menschen mit guter Ausbildung, die das Land weiter nach vorne bringen können.

Englische Sprachkenntnisse haben wir in Tansania bisher überraschender Weise selten angetroffen und unsere Suaheli-Kenntnisse sind leider sehr limitiert, obwohl diese Sprache auch in Uganda und Kenia gesprochen wird. Kleine Schulkinder gingen den Pfad an unserer Unterkunft entlang, schauten neugierig auf uns und die Autos und winkten fröhlich. Nach der herzlichen Verabschiedung ging es gegen 7:45 wieder auf die Asphaltpiste mit einer geplanten Tagesetappe von über 530km zum unserem Tagesziel Singida.

Nach einigen Kilometern hielten wir kurz. Plötzlich aufkommende Übelkeit musste einfach raus, als ob unsere arg verwöhnten Mägen nur Zuckerwasser und Milch vertragen würden… Die Serengeti mussten wir weiträumig umfahren, da eine direkte Durchfahrt mit drei Fahrzeugen unser Reisebudget bei Weitem gesprent hätte.

Auf der Asphaltpiste wurden wir schnell zum Straßenkampf herausgefordert. Allein auf einer Distanz von 5km drei frische Frontalzusammenstöße von LKWs auf komplett geraden Streckenabschnitten – Überleben keine Chance. Wir gratulieren zum erfolgreichen Suizid!

Viele Schaulustigen standen um die Unfallstellen herum. Eine Ambulanz oder so etwas wie Feuerwehr sahen wir nicht. Hier reichte aber auch vollkommen der Bestatter für die menschlichen Überreste und die Polizei, um den Verkehr zu regeln. Den ganzen Tag über hielten wir immer wieder den Atem an, mussten Ausweichmanöver bis zum Absprung ins Gelände durchführen. Die Schwerlastfahrzeuge und Busse zogen zu Überholmanövern raus – auch bei Gegenverkehr. Einer wird schon nachgeben oder halt nicht… Den vermuteten Röntgenblick haben die vermeintlichen Helden der tansanischen Landstraße offensichtlich ebenfalls nicht. Wir sehnten uns nach den Offroadstrecken, wo man selbst sein Schicksal bestimmen kann.

In Kahama starteten wir neue Tankversuche. Beim 2. Versuch waren wir bereits erfolgreich – es gab Diesel! Die karge, braune Landschaft entlang der Strecke mit sehr wenig Bewuchs auf den trockenen, sandigen Böden ist ein extrem krasser Gegensatz zur Fruchtbarkeit Ruandas und dem intensiven Grün dort. Aber dafür ist das Bevölkerungswachstum im Vergleich zu Ruanda auf einem bedeutend niedrigeren Niveau. Vor Mgongoro fängt eine wüstenähnliche Landschaft an – ebene Landschaft in alle Himmelsrichtungen soweit das Auge reicht. Wie leben die Menschen hier in dieser unwirtlichen Gegend? Wir können es uns nicht vorstellen.

Auf relativ kurzer Strecke standen plötzlich mehrere Moscheen – durchaus sehr prachtvoll für die hiesigen Verhältnisse. Das freundliche Winken der Menschen war verhaltener. Die Gegend strahlte in weiten Teilen eine gewisse Tristesse aus. Deswegen tauften wir die Ebene spontan auf „mauretanischen Ebene“ in Erinnerung an unsere Rallye 2018.

Lustlos kauten wir bei Tempo 100 auf unseren Zuckerrohrstückchen, um den süßen Saft auszusaugen. Bei Tageskilometer 420 erhob sich eine Gebirgskette am Horizont. Eine halbe Stunde später fuhren wir die Passtrasse hoch bis auf über 1.400m. Affen liefen über die Fahrbahn. Im nächsten Örtchen saßen große Aas-Geier auf den Müllbergen – auch kein schöner Ort zum Leben.

Wir passierten einen Trupp joggender und singender Pfadfinder. Joggen bei Temperaturen um die 35° in langer Kleidung? Für uns keine Option. Trotz der widrigen Lebensbedingungen winkten uns im weiteren Streckenverlauf viele Menschen fröhlich entgegen, wenn die grüne Flotte vorbeibrauste – auch, als wir die von den Emiraten finanzierte, prächtige Koranschule passierten.

Gegen 17:30 Uhr erreichten wir nach ca. 10 Stunden und 560km die Stadt Singida. Wir fanden eine Unterkunft mit Seeblick direkt am Lake Singida, das Regency-Urlaubshotelresort mit Pool für die gehobene Mittelschicht. Genau das Richtige zur Erholung für unsere übelkeitsgeplagten Teammitglieder.